April 2016 | 4 Minuten
Practime verkauft Uhren im Versandhandel. Bei uns werden Schüler der Berufsmaturität im Ausbildungsgang EFZ als Angestellte beschäftigt. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis freitags – in diesem Zeitraum sind im Rotationsprinzip 140 Angestellte in den 6 Abteilungen (Marketing, Einkauf, Personalwesen, Sekretariat, Verkauf und Buchhaltung) tätig. Zum Leitungsteam gehören 4 Personen, darunter 3 Ausbildnerinnen und ich selbst. Alle 4 Stunden wechseln sich die Teams ab.
Seit 2011 übe ich diesen Beruf ganztätig aus – unsere Ausbildnerinnen sind hingegen nur halbtags tätig. Practime ist für mich wie eine grosse Küche – dort werden unbekannte, nicht selbst ausgewählte Zutaten zusammengestellt und daraus soll auch noch etwas Leckeres entstehen. Dabei wird das Kochrezept im 4-Stunden-Takt neu umgesetzt!
Als unabdingbare Eigenschaften sind ein hohes Mass an Anpassungsfähigkeit und geistige Flexibilität nötig. Die Neugierde der Angestellten soll zur Förderung deren Selbstmotivation angeregt werden. Da ich nicht selber die Angestellten rekrutiere, lerne ich sie erst im Team kennen.
Ein Firmenreglement wurde erstellt. Dieser beruht auf 4 Achsen: Reglement – Prozessabläufe – Fachkompetenzen – Sozialkompetenzen. Die Schnittstelle zwischen Fach- und Sozialkompetenzen ermöglicht es, sich auf das Verbesserungspotenzial durch die Tagesaktivitäten zu fokussieren – daher ist das Coaching sehr wichtig: Ich bilde aus, steuere die Teams und führe Evaluationen durch.
In jeder Abteilung ist eine Auflistung sämtlicher Tagesaktivitäten verfügbar. Eine weitere Liste gibt eine genaue Übersicht über alle Aufgaben (Monats- & Jahresaufgaben). Dem Potenzial jedes Einzelnen entsprechend werden besondere Projekte erarbeitet. Wenn die Tagesaktivitäten korrekt durchgeführt wurden, können diese in der Praxis noch weiter vertieft werden. Nach 5 Jahren Bestehen haben wir es geschafft, den Kompetenzen jedes einzelnen Teams (8 insgesamt) entsprechend, Projekte zu gestalten.
Bis das Schiff seetüchtig war, sind 5 Jahre zum Aufbau notwendig gewesen. Jetzt segeln wir zusammen. Eine tägliche Kontrolle ist erforderlich – aus diesem Grund müssen wir unsere Kompetenzen kontinuierlich weiterentwickeln und gemeinsam nach vorne schauen. Aus Schwachstellen werden Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen und entsprechende Instrumente erarbeitet. Bei den Projektteams frage ich täglich nach, wie der Stand der Dinge ist, damit die Fristen eingehalten werden können.
Durch den permanenten Teamwechsel wird die Transferfähigkeit gefördert. Pro Aufgabe, je nach Thema, Kunde oder Lieferant, wird eine Mappe angelegt. Jede Aufgabe wird nach einem definierten Ablaufschema durchgeführt und mittels der Mappe an das nächste Team weitergeleitet. So werden Professionalität und Sozialkompetenzen gefördert – das Rotationsprinzip läuft dann reibungslos.
Checklisten werden in jeder Abteilung zur Kontrolle der täglich anfallenden Aufgaben eingesetzt. So wird sichergestellt, dass alles nach Plan durchgeführt wird. Auf jedem Dokument steht der Name des Angestellten – so können wir nachvollziehen, wo die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen liegen. Ich persönlich fokussiere ich mich im Gespräch auf das Verbesserungspotenzial – auf diese Weise kann ich dem Angestellten helfen, seine Lücken zu vervollständigen. Einmal im Monat finden Plenarsitzungen statt, während denen jeder Angestellte die Ergebnisse aus seiner Abteilung darstellt. Dabei stellen wir fest, ob jeder versteht was er tut.
Bei den Evaluationen fängt die Benotung mit 4 an – dies bedeutet, dass die Prozessabläufe ordnungsgemäss umgesetzt wurden. Bei der Benotung 4.5 werden diese Prozessabläufe perfekt durchgeführt. Bei 5 ist der Angestellte in der Lage, die verbesserungswürdigen Punkte zu identifizieren und zu erläutern. Die praktische Erfahrung jedes Einzelnen erfolgt durch die Wiederholung der Aufgaben und durch die Problemlösung. Die Note 5.5 wird erreicht, wenn der Teilnehmende nachvollzogen hat, dass sämtliche Aktivitäten der verschiedenen Abteilungen ineinander greifen. Die Angestellten nehmen an den Plenarsitzungen teil und bringen Erkenntnisse aus ihren Praxiserfahrungen und ihrem Verbesserungspotenzial an. Die Note 6 wird erteilt, wenn ein hohes Mass an persönliches Engagement in der Firma gezeigt wird. Angestellte, die sich bei Practime entfalten, bringen die Praxisfirma weiter. Das dürfen wir aber nicht als selbstverständlich erachten – Gründlichkeit bei Tagesaktivitäten muss kontinuierlich eingehalten werden.
Mein Kalender ist ein effizientes Instrument. Dazu habe ich ein Dossier pro Schulklasse angelegt – so kann ich jeden einzelnen Angestellten begleiten. Eine straffe Planung ist erforderlich – dennoch muss mit Anpassungen gerechnet werden, ohne dabei die Zielsetzung aus den Augen zu verlieren. Geistesflexibilität und Hinterfragung sind unabdingbar, um die Routine zu durchbrechen. Schliesslich bin auch ich ein Teil des Kochrezeptes, der mit den anderen Zutaten vereint wird.
Die Firmenführung beruht auf der folgenden 6 Stufen-Methode:
Interview durch